Gedanken

Veröffentlicht am 1. Februar 2016

Das Informationszeitalter – Segen oder Fluch?

DRS-Künstlerbrief Februar 2016

Können „Neueste Nachrichten“, die in Echtzeit um unseren Globus rasen, als glaubhaft in jedem Falle angesehen werden, wenn ein jeder seine Eindrücke, subjektiv gewollt oder nicht, in das sogenannte Netz geben kann?

So können regionale, auch kulturelle und religiöse Streitigkeiten zu Kriegsherden werden an verschiedensten Orten der Welt, die dann globale Krisen in Politik und Wirtschaft auslösen. Das erleben wir im Moment. Leider gehört Gewalt inzwischen zur Tagesordnung, zumal die Waffenindustrie zu einer führenden Wirtschaftsmacht geworden ist.

Eine Überinformation an Daten und Geschehnissen kann, so glaube ich, in unseren immer kürzer und schneller erscheinenden Zeitspannen nicht mehr unvoreingenommen rational und kritisch aufgenommen und verarbeitet werden, es sei denn, die künstliche Intelligenz läßt uns Homo sapiens zu Homo robotics „evolutionieren“, die unsere wunderbare Natur nicht mehr brauchen, deren Magie uns immer wieder begeistert.

Die weltweiten Informationen, die sich in der Zeit schon überlagern und die Zukunft schon fast zur Vergangenheit werden lassen, verursachen unüberlegte und manchmal hysterische Reaktionen der Politiker , die leider oft zu Marionetten der Wirtschaft werden.

Der Normalbürger kann oft nicht mehr unterscheiden zwischen Wichtigem und Unwichtigem, Falschem und Richtigem. Das persönliche Erkennen und der Austausch mit all unseren menschlichen Äußerungen, einschließlich Emotionen, Gestik, Mimik, Sprachmelodie, Handschrift, also Körpersprache allumfassend, ist durch unsere digitale Revolution, unser sogenanntes Informationszeitalter, ins Hintertreffen geraten. Es bleibt kaum Zeit zum Filtern, geschweige denn zu ureigenen Gedanken und Gefühlen, die uns menschlich und solidarisch machen und nicht (noch nicht!), von außen gegeben, manipulieren können.

Einige vorausschauende Wissenschaftler (z. B. J. Lanier und Weizenbaum), die an der Entwicklung des Internet und der KI beteiligt waren und sind, melden schon Zweifel an, ob der rasanten Entwicklung dieses Mediums und deren eventuellen Folgen. Uns „Laien“ sollte das nachdenklich machen, zumal die nächsten Generationen zum Teil schon emotional abstumpfen, wenn wir an die Gewaltspiele im Internet denken, die Kriegslust wecken, oder an die Filme, die eine uns bedrohende Invasion aus dem All heraufbeschwören. Das sind Anzeichen von Verrohung und moralischem Niedergang einer Kultur. In der Vergangenheit gibt es Beispiele dafür.

Ich bin keineswegs ein Technikfeind, im Gegenteil. Immer sagte ich: „Wissenschaft und Kunst haben zwei Ausgangspunkte, das sind Neugierde und Phantasie.“ Wenn da nur nicht der „Zauberlehrling“ wäre!

In unserer geistigen Evolution übersehen wir allzu oft den „Kontrollschalter“. Die Entfremdung von der Natur und der Verlust an Empathie haben uns Menschen respektlos, überheblich und gewaltbereiter gemacht. Dabei sind wir doch nur ein kleiner Teil vom Ganzen! „Ich bin Leben, das leben will unter Leben, das leben will“, hat A. Schweitzer gesagt. Bei allem wissenschaftlichen Fortschritt (vielleicht sogar bis hin zum transformierten „Menschen“) werden wir erkennen müssen eines Tages, daß eine „Kosmische Intelligenz“, wie ich „ES“ nenne, uns die Folgen unseres Strebens, das keine Grenzen akzeptiert, in aller Konsequenz spüren lassen wird.

Man muß nicht an eine Konfession gebunden sein, um religiös zu werden. Die Natur und das Erkennen kleinster Strukturen und Teilchen in und um uns bis hinein ins All, was neueste Forschung ermöglicht, zeigt uns vielleicht das für uns Unfaßbare „Alles in Einem und Eins in Allem“. Die Entwicklung eines entmenschten „ICHs“ im virtuellen Raum oder in der Raumfahrt wird vielleicht nicht science fiction bleiben, - ich aber wünschte es uns.

Ein von Politik und Wirtschaft unabhängiger Ethikrat in der UNO, der sich kritisch mit Fragen und Entwicklungen der Wissenschaft und Kultur und damit dem Fortbestand unseres „Menschseins“ in der Zukunft beschäftigt, könnte ein Schritt der Hoffnung sein, denke ich. Doch kämen da nicht sofort Protestrufe, die eine Freiheitsbedrohung darin sehen würden?

Der Begriff „Freiheit“ müßte nach meinem Dafürhalten sowieso neu definiert werden.

DRS